Orangen gelten als gesunde Vitamin C-Bomben. Doch der Orangensaft – also die gepresste Variante – ist gesünder als die ganze Frucht. Aber wieso eigentlich?
Orangen gelten als sehr gesunde Zitrusfrüchte, die als wichtige Vitaminlieferanten vor allem in der kühlen Jahreszeit Hochkonjunktur haben. Doch Orangensaft ist offenbar gesünder als die Orange selbst. Zu diesem Schluss kamen Forscher der Universität Hohenheim. Der Körper könne die Nährstoffe aus pasteurisiertem Orangensaft doppelt so gut aufnehmen wie aus der frischen Frucht. Damit sei die Aussage vieler Ernährungswissenschaftler widerlegt, dass Orangensaft genauso ungesund sei wie Cola, so die Wissenschaftler.
Orange oder Orangensaft zum Frühstück
An der Studie nahmen zwölf Probanden teil, die zunächst zwei Wochen völlig auf Carotinoide verzichten mussten. Im Verlauf des sogenannten „Wash-out“ wurden grüne und rote Lebensmittel wie Tomaten, Karotten oder Spinat vom Speiseplan verbannt. Die Studienteilnehmer durften sie nicht verzehren, um die im Körper gespeicherten Carotinoide auszuwaschen.
Anschließend erhielten die Probanden einmal ein standardisiertes Frühstück mit Orangen und eines mit pasteurisiertem Orangensaft. Zwischen den beiden Testphasen lagen 14 Tage. Nach dem Frühstück entnahmen die Wissenschaftler den Probanden innerhalb von knapp zehn Stunden acht Blutproben und bestimmten anschließend den Gehalt an Carotinoiden.
Doppelt so viele Carotinoide aus dem Orangensaft
Aus dem pasteurisierten Orangensaft nahm der Körper ungefähr doppelt so viele Carotinoide auf wie aus einer handelsüblichen Orange. „Orangensaft ist eine bessere Carotinoid-Quelle als eine Orange“, sagt der Doktorand Julian Aschoff.
Der Grund dafür sei die Herstellung des Orangensaftes, so Prof. Reinhold Carle, der Initiator der Studie. Bei der Produktion würden Ballaststoffe wie beispielsweise Pektin oder Cellulose teilweise abgetrennt. Diese Stoffe hemmten die Absorption von Carotinoiden während der Verdauung. „In der Orange sind mehr unverdauliche Ballaststoffe enthalten als im Saft, weshalb die Aufnahme der Carotinoide aus der Frucht stark vermindert ist.“
Orangensaft – 1 Glas pro Tag!
Auch die Konsistenz spiele bei der Nährstoffaufnahme eine Rolle, so Julian Aschoff weiter: „Beim Zerkauen einer Orange wird die Frucht nie komplett zerkleinert. Viele Zellen bleiben so intakt und schließen die Carotinoide ein. Das erschwert ihre Aufnahme und Verwertung.“
Der Verzehr von Obst und Gemüse in Deutschland liegt weit unter der Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), die Fünf am Tag – also fünf Portionen Obst und Gemüse – empfiehlt. „Kaum ein Konsument hat Zeit, täglich genug Gemüse oder Früchte zu sich zu nehmen. „Ein Glas mit 200 ml Orangensaft pro Tag kann zu einer gesunden Ernährung beitragen und uns mit den Nährstoffen versorgen, die unser Körper benötigt“, so die Wissenschaftler.
So gesund sind Orangen und Orangensaft
Damit widerlegen sie die Ansicht vieler Kritiker, dass Orangensaft genauso ungesund sei wie Cola. Vor allem sein natürlicher Zuckergehalt ist vielen Ernährungsberatern ein Dorn im Auge. Im Vergleich zu Cola enthält Orangensaft aber weder das für Kinder ungeeignete Koffein noch die allgemein bedenkliche Phosphorsäure. Außerdem wird Orangensaft im Vergleich zu Erfrischungsgetränken, zu denen auch Cola zählt, üblicherweise nicht zum Löschen des Durstes getrunken.
Die Orange ist ein wahres Nährstoff-Depot: Neben einer hohen Menge an Vitamin C enthält sie auch eine Vielfalt an Carotinoiden und Flavonoiden. Beide Nährstoffe werden damit in Verbindung gebracht, das Risiko von bestimmten Krebs- und Herzkreislauferkrankungen deutlich senken zu können. Denn als Antioxidantien schützen sie die Körperzellen vor schädlichen Umwelteinflüssen.
Quelle: Aschoff JK et al.: „Bioavailability of β-cryptoxanthin is greater from pasteurized orange juice than from fresh oranges – a randomized cross-over study“, Molecular Nutrition & Food Research, Oktober 2015